Etappe 4: Viermaelva - Rantsvatnet
Wieder empfängt mich ein fast wolkenloser Himmel als ich am frühen
Morgen aus dem Zelt blinzle. Keine Sekunde länger kann ich bei diesem
Königswetter im Schlafsack bleiben. Heute breche ich noch ein wenig
früher auf. Schon gegen 6 Uhr laufe ich in der Morgensonne im Murmeln
des nahen Flusses aufwärts. Die Landschaft wird zunehmend rauher.
Sanfte Wiesenflächen werden von großflächigen Geröllfeldern
zurückgedrängt. Trotzdem findet man immer wieder gute Zeltgelegenheiten
entlang des Flussufers.
Vor mir erheben sich archaisch anmutend die kahlgrauen Bergrücken des
nahen Store Børgefjell mit ihren kuppelförmigen Gipfeln. Was für eine
Freude durch eine so reine, unberührte Landschaft zu laufen. Ich bin so
ganz in meinem Element, völlig eins mit dem Fluss des Lebens.
Auf dem Bergrücken, unmittelbar hinter einem See (1074 Meter Höhe),
überprüfe ich den Weiterweg per GPS. Gut so, denn längst bin ich zu weit
nach Norden gelaufen. Ich biege nach Osten ab und stehe einige Minuten
später vor einem ausgedehnten Schneefeld. Steil fällt es gut 50 Meter hin
zu einer Ebene ab.
Eine südseitige Umgehung wäre möglich, würde aber sicher ein bis zwei Stunden kosten. Weniger beunruhigt mich das Gefälle als die
Sorge, ich könnte an einer dünnen Stelle einbrechen und mich dabei verletzen. Vorsichtig taste ich mich Schritt für Schritt nach unten. Die
Trekkingstöcke geben zusätzlich Halt, ohne sie würde ich einen derartigen Balanceakt nicht wagen. So habe ich schon wenige Minuten
später wieder festen Boden unter den Füßen und atme erst einmal kräftig durch.
Rechts unten schmiegt sich der Jitnemenjaure an hohe, teils noch
schneebedeckte Berge. Dahinter liegt ein paar Kilometer südlich die Grenze
zu Schweden. Vielleicht ein Ziel für die nächste Tour ins Børgefjell?
Hin zum Raentserenmehkje überquere ich eine unwirtlich geröllbedeckte
Hochebene. In der Ferne zeugt ein mannshoher Rentierzaun, quer durch die
karge Landschaft verlaufend, von menschlicher Existenz. Von Westen ziehen
dunkle Wolken heran, streuen schleierförmig vereinzelt Schauer in den
Horizont. Es wird Zeit nach einem Zeltplatz Ausschau zu halten. Der Boden
allerdings ist soweit das Auge reicht beulenförmig aufgeworfen und mit
fussballgroßen Granitfelsen übersät. Keine idealen Bedingungen zum
Campieren. Nach langer Suche finde ich ein einigermaßen ebenes Fleckchen
Erde. Nicht zu früh. Schon fallen die ersten Tropfen. Den Waschgang im
nahen See verkürze ich zur Katzenwäsche. Am Ufer gegenüber liegen große
Schneefelder halb im See und kühlen das Wasser ungemütlich ab. Ich streife
noch ein wenig in der Gegend umher. Doch der Boden ist fast nahtlos mit
unförmigen kippeligen Steinen und riesigen Blockfelsen überdeckt. Bald schon
kehre ich wieder um und relaxe lieber im Zelt mit einem Hörbuch und einem
leckeren Abendessen.