Tag 4: Hajkejahke - Laisstugan - Tjakkikjaure
Die Nächte im hohen Norden sind Mitte August noch recht kurz. Erst um halb elf wird es ganz allmählich dunkel und bereits wenige Stunden
später, gegen 3 Uhr, dämmert schon der Tag.
Um kurz vor 6 Uhr blinzel ich vorsichtigt durch den Zelteingang. Strahlender Sonnenschein! In der Nacht war ein Schauer durchgezogen.
Sanft klopfte der Regen einige Minuten auf mein Zeltdach. Jetzt überspannt ein blauer Bogen die Berge und Seen. Solche Tage sind kostbar.
Binnen kürzester Zeit kann das Wetter am nördlichen Polarkreis umschlagen. Ein lauer friedvoller Sommertag sich in einen sturm- und
regengepeitschen Hexenkessel verwandeln. Doch das Baromoter steigt und lässt stabil schönes Wetter in den kommenden Tagen erwarten.
Nichts hält mich mehr in den Federn! Eine Stunde später laufe ich in bester Stimmung über grüne Wiesen hinab zum Laisälven, der sein
silbernes Band durch das weite Tal zieht. An den verlassenen Hütten der Laisstugan lege ich eine Pause ein und trage mich ins Hüttenbuch
ein. Für alle Fälle.
Ich erwäge den 20 m breiten Fluss zu furten. Der Wasserstand scheint
verlockend niedrig. Doch die Klarheit des Stromes täuscht. Mindestens
kniehoch sind die tieferen Stellen.Nach wenigen Schritten mache ich
kehrt und entscheide mich für die flussaufwärts gelegene
Metallbrücke. Der in der Karte schwarz gepunktete Pfad am anderen
Ufer ist überraschend gut ausgetreten. Plötzlich durchschneidet
Motorengeräusch die Stille. Ein Helikopter landet an den Hütten und
entlässt eine Handvoll uniform grün gekleideter Gestalten. Vermutlich
Jäger oder Fischer, die sich am Wochenende in die Hütte
einquartieren. Nach einigen Minuten steigt er auf und entschwindet
talwärts. Die Stille kehrt zurück.
Am kleinen Fluss Aldajahka verlasse ich den schmalen Streifen
Zivilisation und schwenke nach rechts weglos in ein Seitental. Kaum
habe ich den Pfad verlassen, stapfe ich durch sumpfiges Gelände.
Zusätzlich erschweren hüfthohe, dicht gedrängte Strauchweiden das
Vorankommen. Das kann ja heiter werden! Etwas weiter oben
bekomme ich einen besseren Überblick über das Terrain. Am linken
Ufer könnte es besser zu sein. Ich steige wieder ab und quere den
kleinen Fluss. Eine gute Idee. Hier komme ich gut voran und erreicht
am frühen Nachmittag einen namenlosen See auf 1025 Meter Höhe.
Normalerweise ist die Vegetation in den oberen Bergregionen spärlich. Weite Geröllfelder und hügeliger blanker Permafrostboden dominieren
das Landschaftsbild. Umso größer ist die Überraschung als sich vor mir ebene Wiesenflächen am Seeufer ausbreiten. Ein unglaublich
idyllischer Ort, wie eine Oase. Hier möchte ich bleiben. Nur der Wind weht recht heftig und schlägt Wellen an den kleinen Kiesstrand. Trotz
warmer Temperaturen um die 20 Grad fällt der tägliche Waschgang im kühlen Wind etwas kurz aus. Ich rolle meine Matte am Strand aus,
lese, genieße den herrlichen Panoramablick auf die umliegenden kargen Berge, träume in die Landschaft hinein. Dieses Gefühlt jeden Tag
erleben! Am Abend flaut der Wind ab, in der Nähe bimmelt hell die Glocke eines Rentieres. Vollkommenheit.